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Diese Aufnahme zeigt das Modell des von Frau Thea Richter in den Wettbewerb für eine Neubesetzung des historischen Sockels im Rosengarten eingebrachten Gestaltungsvorschlags.
Thea Richter - Rosen und ihre Geschichte und Geschichten in der Kultur


Rosen,Rosen, Rosen.

Mit nachfolgendem Text zum Thema "Rose und Kulturgeschichte" ergänzte die Bildhauerin Frau Thea Richter ihren Gestaltungsvorschlag (unten auf dieser Seite) für den vom Grünflächenamt Dresden sowie der Kunstkommission Dresden ausgelobten Wettbewerb für eine Neubesetzung des Sockels der nicht mehr existenten Plastik "Stier" von E.M.Geyger.


An dieser Stelle einen recht herzlichen Dank für das zur Verfügung gestellte Textmaterial. Die Nutzung dieses Textes ist ausschließlich auf den privaten Bereich beschränkt. Für den Fall einer kommerziellen Nutzung dieses Angebotes ist vorher die Genehmigung der Autorin einzuholen.

Rosa gallica, Rosa damascena, Rosa alba, Rosa centifolia ... 1000 klangvolle Rosennamen und 1001 zauberhafte Geschichte über die Rose im Kopf, durchstreife ich den Rosengarten. Rosen, Schatten, Rosen Die Geschichte der Rose ist voller Wunder und stiller Geheimnisse, aber auch voller Intrigen und wilder Ranküne ·.... Schon vor 3o Millionen Jahren soll es etwa 25 Rosenarten gegeben haben, aus dem Tertiär sind fossile Abdrücke einer sehr einfachen, eher unscheinbaren Rosensorte erhalten geblieben .... Urzeit.... Zeit der Wälder und der Sümpfe, Zeit der wilden, ungezähmten Tiere, Zeit der Einfachheit. Zeit der Stille ! Dann betraten die Götter die Erde, und mit ihnen die Menschen - oder war es umgekehrt ? Wie dem auch sei, die schöne Venus ,auf einem ihrer ungezählten Abenteuer, verletzte sich beim Versuch, den jugendlichen Adonis vor den Nachstellungen des wilden und gewalttätigen Kriegsgottes Mars zu schützen, empfindlich den Fuß an einem bis dahin unbeachtet und still vor sich hin blühenden strauchigen Gebüsch. Doch das Wunder geschah, und die Blüten des bis dato weiß blühenden Strauches färbten sich, vom Blut der Liebesgöttin getroffen, feurig rot. Venus schloß diese Blume sofort in ihr Herz, und mit ihr wurde sie der Liebling der Götter die Rose.

Die Götter legten Rosengärten an, wie den berühmten Garten des Midas in Phrygien, in denen sie zu verkehren pflegten und von welchen aus mancherlei Geschichten ihren Lauf nahmen .....Zeus ließ sich dort die Namen der schönsten Menschenfrauen zustecken, Janus und Dionysos verkehrten oft und wetteiferten in der Kunst, Rosenkränze zu flechten. Menschen waren auch zugelassen zu den Gärten der Götter, aber nur wenige, auserwählte - um der Liebe willen oder der ars poetica, der Dichtkunst. Die Unsterblichkeit, die Venus der Rose verliehen hatte, verlieh diese nun den wahrhaft Liebenden und den von den Göttern begnadeten Poeten. Die olympischen Rosengärten durchzogen mit ihrem himmlischen Wohlgeruch die gesamte griechische Antike, und Anakreon, einer der göttlichen Dichter, rief in höchstem Entzücken aus ,,Was wäre die Menschheit ohne die Rose?". Die Rose galt als heilig und von göttlicher Natur. Sie schmückte ausschließlich die heiligen Stätten - Tempel, Altäre, Götterbildnisse - und verliehen dem kalten Marmor lebendigen Glanz.

Die Säkularisierung der geistigen Welt durch die Philosophen brachte die Rose zu den Menschen, deren Seelen nun auch als unsterblich und damit gottgleich gedacht und empfunden wurde. Die Rose wurde zur Blume der Liebe. Man brachte sie der Angebeteten dar und wand sie bei Stelldicheins als Gebinde an den Gürtel. Die Rose bezeugte Liebe ohne Worte, nur mit der Kraft und dem Geheimnis ihrer Schönheit.
Das antike Rom, ganz dem Kult des Irdisch-Menschlichen ergeben, verfiel am Ende seiner Blütezeit ganz und gar dem Laster der Rosen. Kein Gelage, kein Gastmahl, ja, kein Ruhelager ohne Rosen, die ganze Stadt war dem Wohlgeruch der Rose wollüstig und voller Hingabe verfallen. Aus allen Ecken und Enden des Reiches trugen schwere Barken auf stillen Strömen die tausendblättrige duftende Pracht herbei, um deren Anbau willen in manchen Regionen die Menschen Hungers leiden mußten, da es an Ackerflächen allmählich zu mangeln begann ... von den fruchtbaren nördlichen Ebenen bis zu den steinigen Klippen Siziliens war Italien in dieser Zeit ein einziger blühender Rosengarten, dessen Pracht und Duft die Begehrlichkeiten der restlichen barbarischen Welt auf bedrohliche Art und Weise weckte ... Doch noch bevor Rom von den Barbaren überrannt und geschleift wurde, war es selbst schön im Duft der Rosen erstickt.

Die christliche Religion mit ihrer Kargheit und ihrem Weltschmerz brachte der Rose eine erste, wohl die schwerste Krise in ihrem Dasein. In ihrer völligen Abkehr von Sinnenfreude und Völlerei der römischen Oberschicht verabscheuten die ersten christlichen Theoretiker die Rose als das Symbol schlechthin für Müßiggang, Weltlichkeit und Heidentum. Der heilige Clemens von Alexandrien griff in seinem ,Paidagos' die Rose direkt als die ,große Seelenverderberin an. Fanatiker und Eiferer in großer Zahl folgten ihm, die Rose wurde aus den Herzen der Menschen und aus Tempeln und geweihten Stätten - an die sie der neuen Religion schon still und verschwiegen gefolgt war - vertrieben und ergriff eine lange währende, einsame Flucht .Ins Exil folgten ihr die antiken Götter, während auf den Tempeln und in den Köpfen der Menschen das heilige Zeichen des Kreuzes ( ,,In diesem Zeichen sollst du siegen!" ) errichtet wurde.

Das Abendland erlebte eine Zeit der Kriege und der Zerstörungen, der Verkommenheit und Barbarei. Als die neuen Machthaber etabliert und die Grenzen neu gezogen worden waren, als Burgen gebaut und Marktflecken gegründet waren, als alles wieder einen ruhigeren und friedlicheren Gang annahm - da entdeckte man in den Mauern der Klöster , die man kurz zuvor noch massakriert und geschleift hatte ,die aber nun zur neuen und höheren Macht, der katholischen Kirche, gehörten, versteckt und unscheinbar zwischen Kräutern und Heilpflanzen, Obstbäumen und Rebstöcken, ein seltsam faszinierendes, doch unbekanntes Gewächs: die Rose ,die in dieser Nische die geistigen und weltlichen Wirren der vergangenen Jahrhunderte überdauert hatte.

Die neuen, feudalen Herren erhoben diese Blume aus ihrer Abgeschiedenheit heraus in den Adelsstand. Karl der Große, in seiner Begeisterung für die Cäsaren und die Lebensart des Alten Roms, läßt Rosengärten einrichten und die Rosenzucht betreiben, ja, er ordnet den Einwohnern seines Reiches sogar den Anbau von Rosenstöcken in ihren Hausgärten an.
Die Rose wird zur Blume des Feudaladels. Kein Herrensitz ohne Rosenbeete, kein Schloß ohne Rosarium. Im Rosengarten des Mittelalters finden Minne und Liebesspiele statt, die Rose erhält wieder ihre Ehre als Blume der Liebe, und selbst die - von rosenbekränzten Rittern ausgetragenen - Turniere finden auf ,Rosengärten ' genannten Plätzen statt .Die Helme der Sieger und die Dekolletés der schönen Frauen schmücken Rosen

Und auch in die Religion findet die Rose wider ihren Eingang. Nicht ohne Grund sind es Mönche, die ihr diese glanzvolle Rückkehr ermöglichen. Der heilige Bernard von Claivaux meint im Rot der Rose das Blut der Wundmale Christi zu entdecken, Ambrosius sieht in ihr das Blut Christi, das sich vom Kalvarienberge aus ergoß ,um die Welt zu retten, und: ,,die größte Rose wächst aus der in seinem Herzen geschlagenen Wunde!". Die zarteste Wandlung aber der Rose ist die vom Blutstropfen Christi zur Träne Marias, ja, zum Symbol der Heiligen Jungfrau schlechthin. Kein christlicher Mystiker, der es nicht versäumte, die Reinheit, Keuschheit und Schönheit Mariens mit Anmut und Wohlgeformtheit einer Rosenblüte zu vergleichen. Maria im Rosenhag, das Haupt mit Rosen umkränzt, unter den Füßen Rosenknospen, selbst einer Rosenblüte entboren. Es ist ein Ros' entsprungen. Sie ist die Rose ohne Dornen, sie ist die Rose aller Rosen. Sie ist die eine ,Rosa mystica'. Sie ist die Welt - und die Welt ist die Rose. Welch wunderkräftige Blume !

Welche Vita. 1893 schreibt Eca de Queiroz, ein Rosenfreund (jedoch nicht aus theologischen Gründen) :
,,...welch zutiefst eigennützige und arglistige Blume! Schon sehe ich, daß am Ersten Mai, der allmählich zum großen Feiertag des Proletariats wird, die Rose ruhig und zufrieden von den schwieligen Händen der feiernden Arbeiter gehalten wird. In den Gärtchen der englischen und französischen Bergleute blüht zwischen demokratischen Salatköpfen unablässig ein üppiger und verheißungsvoller Rosenstock. Bei allen Meetings und Streiks ist es üblich, daß die Rose an der Jacke des Arbeiterführers prangt oder daß sie als gesticktes Bild und bereits mit der Autorität eines Wahrzeichens auf den Vereinsfahnen erscheint

Und ich sehe voraus, daß diese geschickte und intrigante Blume - die nacheinander hellenisch, heidnisch, kaiserlich, feudal, katholisch und mystisch war, die sich die Gunst der Helden, Senatoren, Cäsaren, Barone, Päpste und Heiligen gewann und deren Macht teilte, die sich listig mit Venus identifizierte, als Venus mit ihrem Gürtel die ganze Welt umspannte, und die sich hierauf mit der Jungfrau Maria identifizierte, als es nun die Heilige Jungfrau war, die ihre Füße auf einen Erdkreis setzte - sich einer langsamen Bekehrung unterzieht, sich nach und nach bei der herauf drängenden, neuen und schrecklichen Macht einschmeichelt und sich mit ihr verbindet, sich mit ganzer Kraft vorbereitet und sich noch intensiver rötet, damit sie offiziell und rituell dies wird: die Blume des Sozialismus."

Hic nulla rosa est. Schon Abaelard benutzte diesen Satz und in ihm die Rose, um zu zeigen ,wie Sprache sowohl von vergangenen, verlorenen Dingen, als auch von inexistenten sprechen kann. Stat rosa pristina nomine, nomina nuda tenemus. Die Rose von einst steht nur noch als Name, uns bleiben nur noch nackte Namen. Wirklich nur Namen? Die Rosenkriege, Rosenkränze, Rosenkreuzer, der Roman de la Rose, die Tausendjährige Rose, das Gewitter der Rosen, Röslein rot, das Rosanum Philosophorum, ja, die Weiße Rose - deren Name sich von der, humanistischer Bildung geläufigen, antiken Tradition ableitete ,bei geheimen oder internen Zusammenkünften Sträuße weißer Rosen zum Zeichen der Verschwiegenheit an den Wänden und an der Decke des Versammlungsraumes aufzuhängen - ? Wirklich nur Namen ?

Ich bin am Ende meiner Wanderung durch den Rosengarten angekommen. Unter einem reich blühenden Strauch stehend, halte ich die empfindsame Blüte einer Muscosa in der Hand. Ach Rose, Rose. Speculum mundi, Blume der Liebe und des Todes ,der Siege und Niederlagen, der Sinnlichkeit und Geistlichkeit ... der Wonnemonate und Nachsommer. Gedichtzeilen schwirren mir durch den Kopf,

~, die eine Rose überwältigt alles / die aufgeblüht ist aus dem Traum /sie rettet uns vom Grund des Falles /schafft um uns einen reinen Raum / in dem nur wir sind und das Licht / und das Gesetz, das sie erweckt / und Tage folgen, reuelose / vom Licht der Rose angesteckt. ~,

Und:

,, Wo immer gelöscht wird, was die Rosen entzünden, / schwemm Regen uns in den Fluß.
O fernere Nacht! / Doch ein Blatt, das uns traf, treibt auf den Wellen / bis zur Mündung uns nach."

Nein ! Ohne die Rose tun wir´s nicht! Was also ist die Rose?

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose...






Ihre Begründung für ihre Wettbewerbseinsendung (Bild oben) lautet wie folgt:

Idee für den Rosengarten

Ursprünglich hatte ich die Idee, für den Rosengarten eine Mensch - Tier -Figurengruppe zu gestalten. Aufgrund des vorgegebenen Rahmens habe ich diese Idee aber wieder fallengelassen.

Nun möchte ich auf diesen schönen alten Stein eine Rosenblüte legen, zusammen mit Knospe und Frucht, silbrig glänzend, schön, leicht und wie schwebend ,luftig und dennoch irdisch - materiell aufgrund der Schwere des Materials. Eine Rose, so zart und empfindlich wie eine Moosrose - und auch so dornen- und stachelbewehrt wie sie. Eine Rose, unbestimmt zwischen Natur - und Maschinenform schwebend, anscheinend zeitlos und dennoch ganz "Kind unserer Zeit" , der Zeit von Hochtechnologie und industrieller Massenproduktion, von Weltraumfahrt und Bioindustrie, der Zeit der neuen Werkstoffe und edlen Stähle .... Eine Rose, die aufgrund des silbrigen Glanzes ihrer metallischen Oberflächen wie maschinell gefertigt wirkt und die dennoch das Faszinosum des Numinosen, Geheimnis und Kraft des Archetypischen besitzt ....Eine Rose, die all das Faktische und Spekulative, das sich für uns mit dem Namen der Rosae verbindet, in unsere postmodernen, begriffsentleerten und sinnsuchenden Zeiten hinein zu transzendieren vermag .... Die in ihrer Form Mythos und Moderne verbindet und - im stillen, selbstzentrierten Nebeneinander von Knospe ,Blüte und Frucht einen Verweis gibt auf die Absoluta der Dimensionen Schönheit, Zeitlichkeit / Vergänglichkeit und Ewigkeit.

Nicht zuletzt möchte ich mit meiner Plastik dem sie umgebenden Platz -den ich als dem antiken Temenos vergleichbar empfinde - wieder die ursprünglich, bei der Anlage des Rosengartens, ihm vermutlich zugedachte Funktion als Zentrum und Herz der Anlage zurückverleihen, was mir im Anbetracht der überbordenden Beiläufigkeit unserer heutigen Zeit und ihrer Gestaltungen ein äußerst wichtiges Anliegen ist.
Aus diesem Grunde, aber auch, um eine bessere Lichtwirkung im Bereich der Plastik zu erzielen, würde ich bei der gärtnerischen Gestaltung des Platzes gern einige, wenn nicht alle Bäume des inneren Kreises ( nicht des äußeren ) entfernen lassen.

In den schon vorhandenen Steinsockel würde ich gern jenen Satz eingravieren lassen, der mir unser heutiges, neuzeitliches Verständnis der Rose am charakteristischsten wiederzugeben scheint:

" Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose ... "
Thea Richter

Den ausgeführten Beitrag des Wettbewerbsiegers finden Sie unter:

Skulptur / Steffen Bachmann / "ani-mal"