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ad rem — das Durchschnittliche und das Außergewöhnliche ...


Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren
Bestand.
Das Außergewöhnliche ihren Wert.

Oskar Wilde




Anläßlich des "9. Pillnitzer Rosentages" wurde, wie auch schon in den vorangegangenen Jahren sehr vehement die Meinung vertreten, das nur noch kerngesunde und pflegeleichte Rosensorten, gerade im öffentlichen Grün, immer mehr und vor allem flächendeckend zur Anwendung kommen dürften. Dort werden sie dann vom zeitigen Frühjahr bis zum späten Herbst, ohne zusätzliche Pflege wie Bewässerung, Schnitt und Pflanzenschutz blühen. Erreicht würde somit u.a. ein farblicher Höhepunkt in der derzeit doch recht monotonen Gestaltung von Verkehrsbegleitgrün sowie anderen Grünflächen einer Stadt.
Dazu hervorragend geeignet wären vor allem Kleinstrauchrosen, die die eingangs erwähnten Vorzüge von Hause aus mitbringen. Auf dem Pillnitzer Versuchsfeld sind momentan 141 Kleinstrauchrosen und über 120 Großstrauchrosensorten im sogenannten "Pillnitzer Sortiment" zu sehen und man kann ihren Werdegang in den sehr gut dokumentierten Bonituren und Beobachtungen verfolgen. Doch ist es damit schon getan?
Ich glaube hier gibt es eine ganze Menge von Punkten, die man zumindest gleichrangig betrachten sollte.
Ist denn die Rose keine Königin mehr im Pflanzenreich? Und wer wagte es sie aus diesem Amte zu vertreiben? Und um bei diesem Bild zu bleiben, ist es einer Königin denn würdig, derartig allgegenwärtig sein zu müssen, nur weil eine Branche ihr dadurch einen höheren Marktwert suggeriert?
Nein, schon alleine wegen ihrer Capricen sollten "Ihrer Majestät der Königin" Zeiten der Besinnung und des Sammelns zugestanden sein, auf das sie darauf um so mehr zu glänzen und zu strahlen bereit sei. Es muß das Rosenmärchen bleiben, das uns einmal im Jahr das Herz erwärmt und wir müssen es von ganzem Herzen wollen, zu dieser Audienz geladen sein zu dürfen. Es ist einer Rose unrecht getan und dem Rosenfreund unwürdig, nur im Vorübergehen oder Vorbeifahren eine Blick zu werfen auf diese ganze Vielfalt und Schönheit die da stehen könnte.
Wahre Werte erkennt man erst wenn man sie verliert heißt es, und mit einer Rosenblüte ist es doch auch nichts anderes. Ich möchte mich nach dem letzten leisen Verblühen freuen können auf ein nächstes Mal und nicht durch eine Dauerblüte entlang der Straßen und Plätze einer Stadt an dieser Beliebigkeit ersticken.
Neben diesen zugegeben sehr subjektiven Aspekten, gibt es aber durchaus noch ein paar objektivere. Wer wenn nicht gut ausgebildete Fachleute und Rosenspezialisten die sich durch eine intensive Beschäftigung mit der Rose die notwendigen Kenntnisse erworben haben wird denn sich in Zukunft des Themas annehmen und das Alte bewahren? Es ist immer auch Kulturgut welches durch mangelnde Pflege vernichtet wird. Und wenn die Ansicht weiter so stark in den Vordergrund gestellt wird, das Rosen pflegeleicht sind und nur im Anfangsjahr etwas Zuwendung benötigen, dann wird es in Bälde niemand mehr für nötig erachten einen Fachmann zu Rate zu ziehen, geschweige denn es gibt sie noch. So einfach darf man es sich doch nicht machen! Es muß auch für die Zukunft klipp und klar gesagt werden, das mit bestimmten Rosenpflanzungen ein erhöhter Arbeitsaufwand verbunden ist, der nicht mal nur ebenso im Vorbeigehen von unqualifizierten Arbeitskräften abgefangen werden kann. Richtige Pflanzenverwendung im Bereich der Rosen, bringt eine ungeheure Steigerung des Erlebniswertes einer Anlage mit sich und damit auch indirekt ein Stück zurück gewonnenes Terrain im Kampf gegen Vermüllung und Vandalismus in unseren Grünflächen und öffentlichen Räumen. Die Rose ist keine Dutzendware und darf nicht verramscht werden, nur weil es dafür kurzfristig scheinbar objektive finanzielle Gründe gibt.
Es wird auch in Zukunft keine langfristig resistente Rosen geben können, wenn hier nicht wenigstens begleitend die Pflanzenumwelt durch ausgebildete Fachkräfte optimiert werden wird. Denn wenn diese Umgebung nicht stimmt, dann hat es jede Rose schwer sich zu behaupten. Deshalb ist es auch wichtig zu sagen, das ein verantwortungsvoller, von Fachleuten ausgeführter Pflanzenschutz unabdingbar ist, auch wenn es derzeit nicht im geringsten so aussieht, als ob diese Tatsache überhaupt denkbar sei.
Schaffen wir alle doch gemeinsam wirkliche Refugien für Rosen und kämpfen darum, das auch das öffentliche Grün davon profitieren möge. Warum sollte denn dem Bürger einer Stadt nur Fast Food serviert werden, wenn man doch auch richtig kulturvoll zu speisen im Stande ist.
"Es gibt Augenblicke, in denen eine Rose wichtiger ist als ein Stück Brot" sagt R.M. Rilke und ich sage:
So ist es!

Jens Zappe