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Grünamt - Nur billig reicht nicht!


Ein Interview mit dem Politikwissenschaftler und Kommunalberater Robert Kösling

Die Qualität der Pflege des öffentlichen Grüns sinkt. Der Grund: Bei den Kommunen zählen nur die Kosten. Billig ist angesagt. Leider.
Zu diesem Schluß kommt der Politikwissenschaftler und Kommunalberater Robert Kösling von der Universität Potsdam. Er macht sich nicht nur für eine hochwertige Pflege der öffentlichen Grüns stark. Er plädiert auch dafür, dass zwischen und innerhalb der Ämter stärker kooperiert wird.


Wie würden Sie die Situation in den Kommunen beschreiben?

Kösling: Die Situation ist Folgende: Die Kommunen haben kein Geld, kürzen die Etats und bauen Personal ab. Das trifft besonders den Grünbereich - also die Grünflächenämter oder Eigenbetriebe mit ihrem, noch hohen Arbeiteranteil. Hier kommt aber noch Folgendes hinzu: Vielerorts wird der Grünbereich wie ein privater Dienstleister behandelt. Die Verantwortlichen haben vor allem die Kosten im Blick und pochen darauf, dass der Grünbereich Billigangebote von Private noch unterbietet.

Welche Folgen hat diese Entwicklung?

Kösling: Beschäftigungspolitik oder Ressourcensicherheit sind im Grünbereich inzwischen Fremdwörter. Viele Grünflächenämter wollen nur noch ihre Etats retten, sie verlagern Verantwortungen in den privaten Bereich. Sie hoffen darauf, sich als Ämter retten zu können, wenn sie als Rumpfamt kaum noch manuelle Arbeiten selbst erledigen, sondern sich auf den administrativen Teil ihrer Tätigkeit beschränken.

Geht diese Rechnung auf?

Kösling: Es ist möglich. Aber diese Strategie kann auch nach hinten losgehen. Dann werden die Ämter, die sich darauf beschränken, private Landschaftsgärtner zu engagieren, mit anderen Ämtern zusammengelegt - zum Beispiel mit der Stadtplanung oder dem Bereich Tiefbau. Das heißt meist: Die Grünflächenämter verlieren weiter an Bedeutung, haben keine eigene Infrastruktur und kein eigenes Wissen mehr, werden zum Anhängsel.

Was wäre die Alternative?

Kösling: Nicht nur für die Grünflächenämter, sondern auch für das öffentliche Grün - also für die Bürger - wäre es weit sinnvoller, wenn die Grünflächenämter eigenständig blieben, aber alle Ämter untereinander besser miteinander verzahnt würden. Das Oberthema kann kommunale Infrastruktur heißen und der Grünbereich ist hier ein kompetenter Ansprechpartner. Aber auch innerhalb der Ämter müssen Planung, Bau und Unterhalt zusammenarbeiten. Denn hier gibt es nach wie vor erhebliche Mängel. Die oft fehlende Koordination ärgern die Bürger, und so mangelt es oft an der nötigen Anerkennung der grünen Dienstleistungen durch die Bürger.

Zum Beispiel?

Kösling: Nach wie vor ist eher Ausnahme als Regel, wenn die Zusammenarbeit zwischen den Ämtern funktioniert. So schneiden die Mitarbeiter des Grünflächenamtes zum Beispiel Hecken. Für die Reinigung der Hecken von Unrat ist jedoch der städtische Reinigungsdienst zuständig. Diese Arbeiten werden aber nicht unmittelbar nach dem Schnitt der Hecken, sondern erst Wochen später erledigt. Wer für seine Anliegen die Unterstützung der Bevölkerung und der Politik will, muss auch den Ablauf der Arbeiten besser zwischen den Ämtern koordinieren.

Das Verständnis der Bevölkerung für die Arbeit des Grünflächenamtes ist nicht sehr groß? Aber die Leute lieben doch Parks?

Kösling: Sie mögen Parks. Das zeigen schon die vielen bestehenden Umfragen. Aber in der Politik und in der Bevölkerung fehlt das Verständnis dafür, dass die Parks, die Gärten, die Plätze vor öffentlichen Gebäuden von Fachleuten gepflegt werden müssen. Die Folge: die Qualität der Pflege unseres öffentlichen Grüns lässt seit Jahren nach oder sie konzentriert sich nur noch auf einzelne Prestigeobjekte. Das ist ein fortlaufender Prozess. Die Kommunen sparen, bauen Personal ab und vergeben die Pflege an Private. Die Privaten wiederum beschäftigen kaum Fachleute, sondern vor allem Hilfskräfte. Denn nur so können sie ein günstiges Angebot für die Arbeiten auf den Tisch legen. Mittelfristig leiden die Grünflächen in den Städten unter der Billigpflege. Und unterm Strich sparen die Städte und Gemeinden mit dieser Politik nicht wirklich. Früher oder später wird ihnen die Rechnung präsentiert. Dann müssen sie für die Reparatur oder die Neuanpflanzung viel Geld auf den Tisch legen. Durch die Billigpflege wird derzeit unser aller Eigentum Stück für Stück heruntergewirtschaftet statt erhalten.

Die Privaten sind also oft nicht günstiger, sondern höchstens billiger?

Kösling: Das kann man so sagen. Und weil die Grünflächenämter derzeit gerade bei den Kosten gezwungen werden, mit den privaten zu konkurrieren, verlieren Aspekte wie Qualität oder sozialgerechte Beschäftigung immer mehr an Boden. Wenn aber alle Faktoren einbezogen werden, und die Rechnung nie nur kurzfristig aufgemacht wird, dann schneiden die kommunalen Grünflächenämter gegenüber den Privaten gut ab. In einigen Städte können dazu schon Untersuchungen auf den Tisch gelegt werden. Allerdings müssen die Ämter wie gesagt besser untereinander und innerhalb ihrer Arbeiten verzahnt werden - damit die Abläufe funktionieren. Es wird kein Superamt gebraucht, das verschiedene Ämter vereint. Aber die Schnittstellen müssen fließender werden. Und es ist auch gar nichts dagegen einzuwenden, dass Teilaufträge an Private vergeben werden. Wenn die Grünflächen erhalten werden sollen, also nicht nur der Rasen, sondern auch die Bäume, Sträucher und Hecken in den Parks, am Straßenrand und in allen sonstigen öffentlichen Flächen, dann müssen die Grünflächenämter das Sagen haben - und sie müssen, in Abstimmung mit dem/r Bürgerin und den kommunalen Nutzern, wie Schulen oder Kindergärten, die Standards bei der Qualität der Pflege setzen.

Was geben sie den Politikern in den Kommunen mit auf den Weg?

Kösling: Die Politik muss erkennen, dass Qualität in der Pflege eine hohen Stellenwert hat, dass billig letztendlich teuer kommen kann. Die Politiker müssen aufhören, Äpfel mit Birnen zu vergleichen - nämlich die Kosten der Grünflächenämter mit den Angeboten der Privaten. Denn der Preis der Privaten ist an ganz bestimmte Arbeitsbedingungen und Konditionen geknüpft. Kurzfristig auf Bürgerbeschwerden werden sie beispielsweise nur eingehen, wenn auf die kalkulierten Kosten ein saftiger Zuschlag bezahlt wird. Von ihren Grünflächenämtern aber wird eine solche Flexibilität in den Arbeitsabläufen tagtäglich verlangt. Dadurch werden Abläufe unwirtschaftlich und teuer - was die Politik und die Mitglieder der Verwaltung selten wahrhaben wollen.

(Fragen von Jana Ender/4/2004)


Quelle:

sachsen.verdi.de

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