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Seit 2013 werden die Schnittarbeiten mit Scheren der neuesten Generation ausgeführt. Zum Einsatz kommen jetzt AKKU-Scheren der französischen Firma INFACO.

Die Platanen vom Lingnerschloß



Sprechen wir heute vom „Lingnerschloß“ dann meinen wir eigentlich die „Villa Stockhausen“. Die Benennung nach dem bekanntesten ehemaligen Eigentümer und Bewohner des Gebäudes, Karl August Lingner, hat sich im Laufe der Zeit tiefer eingeprägt als der ursprüngliche Name.



Eine gärtnerisch-fachlich hochwertige Arbeit ist unter anderem der Formbaumschnitt an unterschiedlichsten Baumarten. Im Gegensatz zum Jungbaumschnitt oder Erhaltungsschnitt als baumvitalisierende Schnittmaßnahmen, setzt der Formbaumschnitt hauptsächlich auf eine künstliche Ausformung der Baumkronen.




Typische Beispiele in Dresden sind hierfür die Linden auf dem Zwingerwall, auf der Brühlschen Terrasse oder auch im Garten des Japanischen Palais. Auch für Platanen im Formschnitt gibt es in Dresden Beispiele. So werden die Baumblocks links und rechts des Goldenen Reiters in Kastenform geschnitten und die Platanen zwischen Landtag und Semperoper sollen später ebenfalls ein solches Dach bilden. Letztere werden bereits seit ihrer Pflanzung, mit Leitgerüsten in der Krone, gezielt auf den späteren Schnitt vorbereitet.



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Blick auf das Lingnerschloß und dessen Weinberg vom Johannstädter Elbufer aus.

(C) Foto: Zappe

Für die Mitarbeiter des Rosengartens ist der Schnitt dieser 33 Platanen unterhalb des Weinberges am Lingnerschloß eine feste Größe im jährlichen Aufgabenspektrum. Den gesamten Februar über werden jedes Jahr die Zuwächse der zurückliegenden Vegetationsperiode eingekürzt und die Baumkronen auf ein einheitliches Maß gebracht. Grundlage für die Außenmaße sind die Festlegungen der gartendenkmalpflegerischen Zielstellung, welche die historischen Quellen mit der Situation vor Ort abgleichen und die Aufgaben für die Pflege und Unterhaltung dieser historischen Parkanlagen genau definieren. Aus diesem Grund dürfen die Platanen eine Endhöhe über dem Boden von maximal 5,00 m erreichen. Die seitliche Begrenzung in Richtung Elbe wird über den Abstand zum Geländer definiert und beträgt 0,50 cm während für die Längsseite zum Weinberg als Bezugskante das Ende der Podestfläche genutzt wird. Für eine dauerhafte Verortung der Höhenpunkte wurden Metallplatten im stammnahen Wegebereich eingelassen und per Nivelliergerät eingemessen.

In der Längsausdehnung bilden die Enden der Stützmauern hinter der Quelle (stromabwärts) und hinter dem Mausoleum (stromaufwärts) die optische Klammer der Kronenkubatur. Maßtechnisch allerdings lassen sich diese Punkte nur über feste Bezüge zum Bauwerk der Elbmauer und deren Treppenaufgänge verorten. Alles in allem entsteht nach Beendigung der Schnittmaßnahmen ein 70,00 m langes 8,00 m breites und 2,50 m hohes Baumdach, welches nach dem Blattaustrieb einen wunderschönen Aspekt der elbseitigen Ansicht des Lingnerschloßes bildet.





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Baumschnitt mittels pneumatischer Scheren - Schweres Equipment durch Metallgestänge und Schneidköpfe. Erforderlich sind laut Hersteller Metallschnittschutzhandschuhe. Dadurch permanent kalte Hände und zusätzliches Gewicht. Insgesamt auch eine Technologie mit hohem Arbeitsaufwand und jeder Menge Emissionen. (Abgas, Öle, Lärm)

(C) Foto: Zappe

Bis zum Jahr 2012 wurden die Platanen noch in den zweijährigen Rhythmus geschnitten. Zum Einsatz kamen hierbei pneumatische Baumscheren. Diese aus dem Obstbau stammende Antriebsvariante für Scheren brachte einen großen Aufwand an Ausrüstung mit sich. Die erforderliche Druckluft wurde durch einen fahrbaren Kompressor bereitgestellt und mittels PVC-Schläuchen zur Schere transportiert. Bei bis zu 30,00 m langen Schläuchen kam es schnell zu Knickungen, Brüchen und Abrissen, da der Hauptteil der Arbeiten von einem Leiterngerüst erledigt werden muss. Der tägliche Transport der pneumatischen Scheren und ihres Zubehörs zum Arbeitsort ist mit einem Transporter zu erledigen, da Teleskopstangen und Verlängerungen aus Metall sowie Kompressoren und Treibstoffe und Öle nicht vor Ort gelassen werden können. Selbst an diesem Ort und zu dieser Zeit für Besucher zugängigen Parkteil gab es bereits Diebstähle von Zubehör und einem Leiterngerüst mit Anlegeleiter. Alles in allem betrachtet, eine Technologie mit immens hohem Arbeitsaufwand und jeder Menge Emissionen. (Abgas, Öle, Lärm).


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Mit der Akku-Schere "Electrocup F3010" haben wir ein Werkzeug an die Hand bekommen welches aufgrund fortschrittlichster Technologien die Schnittarbeiten wesentlich erleichtert. Außer den Teleskopstangen passt die gesamte Ausrüstung in einen Handkoffer und lässt sich so ohne zusätzlichen Transporter im PKW mitnehmen. Die Teleskopstangen und die zusätzliche Stichsäge natürlich auch.

(C) Foto: http://www.infaco.com/de/infaco-produkte/elektronische-astschere-F3010/fotos-electrocoup-F3010.php

Seit 2013 werden die Schnittarbeiten mit Scheren der neuesten Generation ausgeführt. Zum Einsatz kommen jetzt AKKU-Scheren der französischen Firma INFACO. Diese Firma betreibt seit Mitte der 1980er Jahre eine erfolgreiche Entwicklung von Scheren und Akkus für die Arbeit im Wein- und Olivenanbau. Mit dem als Weste tragbaren Akku 48 Volt Ni/Mh F3010 und einer elektronischen Astschere vom Typ Elektrocup 3010 können ohne Zwischenaufladung mindestens 6 bis 8 Stunden geschnitten werden. Das Bedienpaneel lässt sich jederzeit gut nutzen und das Set in seiner Gesamtheit liegt so am Körper an, dass es nicht beim Arbeiten stört. Austauschbare Schneidköpfe für die unterschiedlichsten Schnittdurchmesser und Teleskopstangen aus Karbon machen einen Einsatz im Formbaumschnitt wesentlich einfacher und effizienter. Neben dem Aspekt des Einsatzes von Hightechbaugruppen, ist das wesentlich leichtere Führen dieser Geräte ein nicht zu unterschätzender Gesichtspunkt geworden.


www.infaco.com


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Hier ist deutlich der Zuwachs einer Vegetationsperiode zu erkennen. Dieser muß auf die alten Schnittstellen zurückgesetzt werden um die Gesamthöhe und -breite des Baumblocks beizubehalten.

(C) Foto: Zappe

Im Regelfall werden die Schnittarbeiten vorwiegend an den Jungtrieben der letzten Saison ausgeführt. Dabei gilt es darauf zu achten, dass alle Schnitte über die Fläche ein einheitliches Bild ergeben. Dazu macht es sich immer wieder erforderlich mit einer Wasserwaage und einem ca. 4,00 m langem Waagscheit die an ausgewählten Punkten in der Krone vom Boden aus durchgegebenen Höhen konsequent in die Horizontale zu verteilen. Erst bei einem akkuraten Schnittbild in der Gesamtsicht ergibt sich auch das einheitliche Bild für den Betrachter aus der Ferne. Selbst eine noch so leichte Schere an einem auf 3 bis 4 Meter telekopierten Karbonstiel erfordert großes Geschick und ein sehr gutes Augenmaß, um einen korrekten Schnitt durchführen zu können. Für Schnitte im Altholz besteht die Möglichkeit der Nutzung einer ebenfalls Akku getriebenen Stichsäge. Mit dieser können Schnitte bis 10 cm Durchmesser ausgeführt werden. Allerdings werden hier die Spitzenlaufzeiten des Akkus nicht mehr erreicht und liegen ca. bei 4 bis 5 Stunden Gesamtlaufzeit.


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Während es auf der Weinbergseite des Platanenblocks eher weniger Zuwachs gibt, bietet die Elbseite umso mehr davon. Alle Seitenflächen werden mit der teleskopierten Akku-Schere geschnitten, da es auf den darunterliegenden Flächen keine Aufstellmöglichkeiten für ein Leiterngerüst bzw. eine Leiter gibt.

(C) Foto: Zappe

Neben dem "Dachschnitt" sind es auch die Seitenflächen welche dem Ganzen erst die nötige Exaktheit verleihen. Geschnitten wird hier ausschließlich mit teleskopierten Scheren und anhand von durch Fluchtstangen angetragenen Maßen. Neben der ständigen über Kopf-Arbeitsweise ist es mitunter auch der Wind welcher das Arbeiten an dieser exponierten Stelle stark erschweren kann. Die minimale Temperatur für Schnittarbeiten im Winter liegt bei -5 °C und ist pflanzenbiologisch bedingt. Neben Wind, Kälte, Niederschlägen und der anstrengenden Körperhaltung sind es im Seitenbereich auch abgeschnittene und herunterfallenden Äste die eine konstante Aufmerksamkeit erfordern und Beachtung in der Arbeitstechnologie finden müssen. Während die Schnittstellen der Dachfläche kaum bzw. sehr langsam an Höhe zunehmen, kommt es innerhalb der Seiten zu einem wesentlich stärkerem Wachstum der Knoten. Es ist abzusehen, dass es in den nächsten Jahren wieder ein Kronenrückschnitt auf das Startmaß erfolgen muß. Dazu wird es den Einsatz von Hubsteigern an der Elbseite und dem arbeiten vom Leiterngerüst in den übrigen Flächen mittels Motorsäge bedürfen.


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Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich durch die Dinge ziehn ... - auf dem Weg des Lebens unter den Platanen des Lingnerschlosses.

(C) Foto: Zappe

Seit zwei Jahren werden am Formbaumschnitt unterhalb des Lingnerschloßes verstärkt Auszubildende aus allen Meisterbereichen der Grünanlagenunterhaltung beteiligt, um dieses interessante Betätigungsfeld eines Landschaftsgärtners auch entsprechend vorzustellen. Im Wochenwechsel werden hier Grundkenntnisse aufgefrischt bzw. vermittelt und so ganz nebenbei auch ein kleiner historischer Exkurs in die Gedankenwelt Karl August Lingners versucht. Denn wenn an dieser Stelle der Formbaumschnitt an den Platanen ausgeführt wird, so bewegen wir uns in der Gedankenwelt Lingners und des realen Lebens sowieso, auf dem Weg des Lebens. Er beginnt an der Quelle dem Beginn allen Lebens und endet am Mausoleum mit dem Tod. Bei der Auswahl des Steinmaterials für das Mausoleum, einem grauen Kalkstein ging es auch darum die Vergänglichkeit von allem förmlich erlebbar zu machen. Ohne die in der letzten Zeit erfolgten Sanierungsmaßnahmen wäre der Stein mttlerweile immer weiter verwittert und erodiert, bis er im Laufe der Zeit zu Staub geworden wäre.

www.das-neue-dresden.de - Lingner Mausoleum im Park vom Lingnerschloß

Wenn es am Ende der Schnittsaison dann alles klar zum einpacken heißt, wird die Gesamtheit dieser Maßnahme allerdings erst mit dem Laubaustrieb so richtig deutlich sichtbar. dann ist für die Gärtner aber schon wieder die neue Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes herangewachsen.




Ebenfalls sehr interessant sind einige historische Bezüge die mit der Platane einhergehen. So ist es bekannt ...


... das schon bei den alten Griechen die Platane als Geschenk der Götter betrachtet wurde und man ihr huldigte. Auch aus diesem Grund konnte Europa natürlich nur unter einer Platane von Zeus verführt werden. Einer der drei hier gezeugten Söhne, Minos nämlich, wird bald darauf der Begründer der ältesten Hochkultur Europas.

... das die alten Legenden immer auch ein Fünkchen Wahrheit in sich tragen, und diese besondere Platane noch heute in Gortýn (Gortys) auf Kreta steht. Von ihr wird behauptet, dass sie seitdem nie wieder ihre Blätter verloren habe. Wer heute die Insel Kreta besucht, kann noch etwa 30 dieser mythischen Exemplare besichtigen. Sie stellen eine besondere und nur auf der Insel Kreta vorkommende Mutation des ansonsten laubabwerfenden Gehölzes dar.

... das auch Platon den Wert der Platane erkannt hatte. In seiner Akademie in Athen, säumten diese "Bäume der Götter" eine Vielzahl der Wege und halfen mit ihrem Schatten "die Lehren von der Weisheit" besser zu verstehen.

... das eine Eigenschaft der Platane, die in Deutschland eher als störend empfunden wird, der Wortschöpfung "Laube" zu Grunde liegt.
Die Platane, hier oft auch als Straßenbaum verwendet, hält ihre Blätter sehr lange am Holz. Erst im späten Winter bzw. zeitigen Frühjahr sind die meisten Blätter herabgefallen und lassen erst dann das wunderbar starke Geäst dieses Baumes visuell zur Geltung kommen. In Griechenland hingegen wird diese Eigenschaft des sehr lang haftenden Laubes genutzt, um mit eben diesen belaubten Ästen die Dächer von Garten"lauben" abzudecken.

Die Platanen von Kreta