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"Oh wahrhaft grausam ist die Natur...


Archivtext - November 2003


... Sie macht, daß solche Blume nur
Erblüht von früh bis über Tag
Und länger nicht zu blühn vermag !

Pierre de Ronsard


Die letzten Oktobertage haben es schon einmal leicht anklingen lassen. Der erste Frost und tags darauf der Raureif, der in der Sonne tausend kleine Diamanten blitzen läßt, sind ein untrügliches Zeichen, daß für unsere Rosen, zumindest nach außen hin das Jahr zu Ende geht.


Alle Rosenblüten die sich hier noch einmal mit einer äußerst ungewöhnlichen Dekoration präsentieren, betrachten wir als eine Art Abschiedsgruß und Dankeschön für die fleißigen Rosengärtner, die sich das gesamte Jahr über so liebevoll um ihre Zöglinge gekümmert haben.

Wie man an jedem Abend immer noch einmal nach den Kinder sieht und ihnen dann die warme Bettdecke über die vom Spielen müden kleinen Arme legt, so sollte man es auch mit seinen Rosen tun.
In der ersten Novemberwoche beginnen im Rosengarten Dresden regelmäßig die Arbeiten zum Winterschutz der Rosen. In dieser Zeit ist ein Großteil des Laubes bereits herabgefallen und liegt in den Beeten. Um dieser Blätter habhaft zu werden, müssen hier die Teehybriden, Floribunda- und Polyantharosen etwa bis auf Kniehöhe zurückgenommen werden. Erst dadurch wird es möglich zwischen den einzelnen Pflanzen die entsprechenden Winterschutzarbeiten durchzuführen.

Bei Wilhelm Kordes lesen wir aber, daß man im Herbst auf gar keinen Fall zurückschneiden sollte, da die Rosen ihre Wunden sehr schlecht überwallen und sich dadurch , nach Frost und Nässe, vor allem Krankheitserreger diese Eintrittspforten zu Nutze machen Im Original heißt es dazu:

"Nie die Zweige im Herbst vor der Einwinterung zurückschneiden. Die Rosen sind sehr schlechte Kallusbildner. Wunden werden nur bei hoher Wärme und hoher Luftfeuchtigkeit gut verheilen. Die Wärme fehlt im Herbst und Winter, und die Wunde von der Kürzung der Zweige ist offen und gefährlich. Also auf jeden Fall nicht im Herbst schneiden. Das bißchen Mehrarbeit beim Anhäufeln und Dünger einbringen macht sich in herrlichen Blüten im nächsten Sommer bezahlt."

(Quelle: Wilhelm Kordes "Das Rosenbuch")





Bei Versuchen des letzten Jahres im Rosengarten, wurde auf einigen Beeten kein Herbstschnitt durchgeführt. Während der Laubentnahme und dem anschließenden Anhäufeln wurden trotz vorsichtigem Arbeiten sehr viele Zweige angebrochen und beschädigt. Hier mußte dann doch noch geschnitten werden, so das alle Beete wieder einen gleichen Ausgangspunkt zum Start in den Winter hatten. Aus dieser Erfahrung heraus und doch mit den Gedanken von Wilhelm Kordes im Kopf, wurden dieses Jahr wiederum die Schnittmaßnahmen durchgeführt.

Das Anhäufeln der Rosen vor dem Winter, wird von vielen Rosenfreunden nur noch in den ersten Jahren nach der Pflanzung als wichtig und wesentlich erachtet. Sie gehen davon aus, daß die Veredlungstelle bereits 5 cm unter Niveau gepflanzt wird und dadurch schon ausreichend geschützt ist. Wir meinen aber, das a) durch das Anhäufeln die unteren Triebregionen besser vor der Wintersonne geschützt werden und b) der im zeitigen Frühjahr auf den Beeten ausgebrachte Dünger beim Abhäufeln schon mit in den Boden eingearbeitet werden kann. In Anbetracht einer Auswertung des Wettergeschehens zum Jahreswechsel 02/03 ( siehe auch Archiv: Januar 2003, wurden in diesem Jahr alle Beete der zentralen Mittelachse, ebenso wie die Hochstammquartiere, mit Fichtenreisig lose eingedeckt. Diese zusätzliche Maßnahme soll für eine Beschattung der Triebe sorgen und somit ein wirksamer Schutz gegen die oft sehr wechselhaften Wetterverhältnisse im Winter sein.

Zum Winterschutz der Hochstämme im Rosengarten Dresden ist folgendes zu sagen. Er besteht im Umlegen der Stämme und dem Eingraben der Kronen nach einem kräftigen Rückschnitt und dem Entblättern. Es ist uns klar, daß die Kronen oberirdisch mit Erde angehäufelt werden sollten und nicht in ein Loch eingegraben werden dürfen. Aber das ist im Rosengarten Dresden eindeutig eine Platzfrage, und bisher hat sich in den kleinen Gruben auch noch nie Wasser gesammelt. Als Stammschutz werden die gesamten Beete am Ende aller Arbeiten noch mit Fichtenreisig abgedeckt. Wir sind der Meinung, daß der Winterschutz eher ein Verhindern von zu zeitiger Sonneneinstrahlung ist, als ein Schutz vor sehr niedrigen Temperaturen. Die Erde friert auch 30-40 cm tief durch! Äußerst wichtig ist bereits beim Pflanzen, daß man darauf achtet in welche Richtung der Hochstamm im Winter eventuell umgelegt werden kann, denn daraus resultiert die Ausrichtung des Zapfens. (Abwurfstelle der anderen nicht benötigten Triebe der stammbildenden Unterlage).

Dabei ist unbedingt darauf zu sehen, daß immer über die Schnittstelle gebogen (gezogen) wird, damit es nicht zu einem Ausbruch des Stammes kommt. Das Prinzip dieses Umlegens ist ähnlich der Bewegungsmöglichkeiten ihres Daumens. Handeinwärts läßt er sich sehr gut einlegen, aber wehe es geschieht in die Gegenrichtung. Das wurde schon im Kindergarten ausgebuht, wenn dieser Trick (oft von Mädchen gegen Jungen angewendet) zum Einsatz kam. Also bleiben wir fair! Einen Nachteil hat das Umlegen der Hochstammrosen aber auf jeden Fall. Zum Einen können die Stämme bei zunehmenden Alter schneller brechen und bei großkronigen Veredlungen, wird bedingt durch den starken Rückschnitt, letztendlich nie der sortentypische Habitus erlebbar sein. Dazu müßte würde dann das Loch oder der Erdhaufen zum Winterschutz der Krone einfach zu riesig sein.

In diesem Falle ist es besser, alles gut mit Jute, Leinwand, Reisig oder ähnliche Materialien einzubinden und zu "beschatten". Wichtig ist jedoch bei allen eingesetzten Materialien, daß eine ausreichende Luftzirkulation ermöglicht wird.Auf gar keinen Fall vergessen werden darf aber die hohe Wind- und Schneelast die bei aufrecht eingebundenen Hochstammrosen im Winter sehr massiv auftreffen kann.

So wie nun auch die Eltern immer ein wenig ängstlich sind und ihre Kinder immer ein wenig zu viel und zu vorsorglich behüten wollen, so geschieht es doch immer aus einem guten Grund. Sie lieben ihre Kinder über alles!




Das Eindecken mit Fichtenreisig, bereits im November hat auch bei den Gärtnern des Rosengartens in Dresden einige ganz praktische und vor allem arbeitsorganisatorische Hintergründe.Das Reisig wird von den Mitarbeitern des Dresdner Grünflächenamtes im Dresdner Stadtforst selbständig geworben, und geschieht vor allem aus finanziellen Gründen. Die Möglichkeit entsorgte Weihnachtsbäume zu verwenden ist aus ästhetischen Gründen (Lamettareste und andere Verunreinigungen) und auch aus phytosanitären Gründen (viele Nordmanntannen sind imprägniert u.ä.) für große Rosenbestände nicht praktikabel. Durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Produktion von Weihnachtsbäumen käme außerdem ein nicht kalkulierbares Risiko des Eintrages von Schadstoffen hinzu. Während des Reisigwerbens, werden im Forst die Jungbäume entlang der Wald- und Wegeränder (sogenannte Randfichten) geschnitten um eine bessere Wegebelüftung und -besonnung zu erzielen. Dadurch kommt es dann in den nächsten Jahren zu einer schnelleren Abtrocknung der Wegeflächen die wiederum ein besseres Arbeiten in der Waldpflege ermöglicht.

Ein weiterer wichtiger Grund für den doch recht frühen Termin ist der Winterdienst, den die Mitarbeiter des Grünflächenamtes ab Mitte November bis Mitte März absichern müssen. Wenn es hier einmal zu richtigen Schneefällen oder Glatteis kommt, sind für die Bürger der Stadt Dresden die eventuell noch ausstehenden Arbeiten im Rosengarten von absolut untergeordneter Bedeutung.

Letztendlich ist es auch das Beschatten des Bodens und der Triebe, die das Abschließen der Vegetationsperiode bei den Rosen beschleunigen hilft. Dieses um so mehr, als der November 2003 nur wenige Tage ohne Sonnenschein bereit hielt, an denen man daran erinnert wurde, wie schnell ein Jahr vergeht und mit ihm die Zeit der Rosen.

Wenn es bei Pierre de Ronsard heißt: "... und länger nicht zu blühen vermag", so liegt in diesem "vermag" auch ein wenig der Sinn von Vermögen bzw. "nicht mögen"! Die Rose "mag" nun nicht mehr, weil sie weiß das es Zeit ist, sich auf die jetzt kommenden und nicht minder wichtigen Dinge vorzubereiten. Sie muß sich hart und fest machen für den Winter und sich alles "Schöne" welches dazu nicht unbedingt notwendig ist, versagen. Und ohne dem,"Alles was besteht, ist wert das es zu Grunde geht", ist es nun einmal nicht zu machen.

Aber nur deshalb heißt es ja im nächsten Jahr wieder: "Sie macht das solche Blume nur, Erblühet von Früh bis über Tag..."

Aber sie macht das es blüht!