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"Die Königin der Blumen"
oder die höhere Bedeutung der Rose
an sich
in Beziehung auf die Gemüthswelt,
nach
Naturanschauung, Poesie und Geschichte
Wilhelm Ludwig Döring
Mit einem Vorwort von Sabine Kübler
Von jeher ist der weibliche Busen wegen seiner runden und zierlichen Form und seiner anziehenden Wellenlinien, welche letztere nach William Hoghart´s Bestimmung (1) die eigentlichen Linien der Schönheit sind, ein vorzüglicher Gegenstand des ästhetischen Wohlgefallen gewesen. Das süßatmende Frühlingsrosen-Leben der Brust, wellenförmig sich hebend und wieder sanft niedersinkend, wie eine Lebensflut und Ebbe, mit dem warmen Blutstrome des Herzens, dessen Systole und Diastole, kann Sehnsucht und Wonne im Jüngling und Manne erwecken, aber auch zugleich im Unreinen alle Saiten sinnlicher Wollust auf's höchste spannen, und in Folge dessen die Tatkraft untergraben, und wohl hat Lord Byron recht wenn er sagt:
"Vom Leben Abschied nehmen am Busen eines Weibes, heißt: hinsterben wie der Zephyr im Kelche einer Rose."
Die Sanftheit und Zartheit, die lieblich sphärische Form, der blendende Schneeglanz und das wallende Leben in ihnen tritt in gar großen Kontrast mit der scharf markierten, mit derben Knochen umschirmten, konturenreichen Männerbrust, und könnte in der Tat selbst die Heiligkeit eines starren Anachoreten wankend machen. Was den Grund und Anfang dieses unerklärlichen Wohlgefallens an den Wellenlinien betrifft, so vermutet Darwin, daß in uns die erste Regung desselben bereits zu der Zeit entstanden sei, wo wir noch am Mutterbusen lagen, und dieser, indem er uns Wärme und Nahrung gab, der Quell unserer höchsten kindlichen Lust und Freude war; so das wir später Alles, was sich uns in schönen Wellenlinien darstellt, mit jener frühen Idee aus der Kindheit in Verbindung bringen. Daß der weibliche Busen von den Dichtern gar häufig mit Rosen und Lilien umhaucht und ausgemalt wird, hat unstreitig in jenem Wohlbehagen, was beim Anblick desselben allgemein empfunden wird, seinen Grund. Schon bei den Alten finden sich Vergleichungen des Busens mit der Rose. ... und Anakreon spricht von rosenfarbenen Brüsten der Cypris. Die Römer bedienen sich ähnlicher Vergleichungen. Catullus zum Beispiel sagt:
"Quaedam inquit, nudum sinum reducens:
En hic in roscis latct papillis.
Sed te jam ferre Herculei labos est."
Schriftsteller sprechen auch von der gebrüsteten Rosenknospe. Im hohen Liede kommt die Stelle vor:
"Deine Brüste sind wie zwei Rehzwillinge die unter Rosen weiden."
Im ähnlichen Sinne sagt im Faust von Goethe Mephistopheles zu seinem in Liebe befangenen Begleiter, die verführerischen Worte:
" .... Ich hab euch oft beneidet
Um´s Lilienpaar das unter Rosen weidet."
L.Th. Kosegarten singt von einem reizenden Mädchen, deren Brust er mit der sich öffnenden Rosenbrust vergleicht:
"Ach! Wo mag sie wohl jetzt den reinen Atem verhauchen?
Wo ihr Auge glühn, wo ihr schwellen die Brust.
Schöner ist ihre Brust, als die Brust der sich öffnenden Rose,
Hell ihr Lilienarm, würzig wie Nelken ihr Mund.
Edallwina! Wo bist du mit deinen erötenden Wangen?
Edallwina! Für wen röten die rosigen sich?
( aus "Das Fräulein v. Carmin")
Torquato Tasso (geb. 1544; gest. 1595) sagt in einem seiner Sonette nach der Übersetzung von G. Korte:
"Schön ist die Holdin, wenn im wirren Spiele
Sich Wind und Locken durcheinander mengen,
Schön, wenn sich Blick in Blicke schweifend drängen,
in Schnee und Reif (*) die Rose nickt am Stiele.
(* d. h. in ihrem glänzend weißem Busen)
Eine ausführliche Schilderung des weiblichen Busens, wofür auch die Rose Bilder hergeben muß, enthält nachstehende Dichtung:
"Herrlich ziert es die Frauen, wenn zwei runde sphärische Hügel,
Wie ein tron der Liebe sich heben, von atmender Wärme
Steigend und sinkend: so wiegt sanft sich von Rosen ein Blatt
Auf den Wellen des Flusses dahin; so heben zwei Hügel,
Die von weißestem Schaum lieblich gebildet, des Meeres
Wellen am Ufer zitternd bewegen, wenn mit des Frühlings
Bläue, über den Fluß wölbend der Himmel erglänzt.
Aber die Farbe zu malen der Brust, den Glanz, der die reinen
Lieblichen Formen umspielt, sprich, wie geläng es mir wohl ?
Hättest du mir, oh Natur, die Kunst Apollens verliehen,
Dann nur malt´ ich den Glanz , rein wie der weißeste Schnee,
Wenn du mit rosigem Schimmer ihn mischest; doch müßte der Schimmer,
Den von der Rose du wählst, atmendes Leben zugleich
Sein, das in wechselnden Schlägen, die kalte Masse durchströmte:
Und es umspielte der Reiz, herrlich es krönend, mein Werk!
Endlich sagt M. U. von Thümmel von der Rose, dem Symbole jungfräulicher Schönheit, mit besonderer Beziehung auf ihren schönen Busen:
"Errötende! Der ganze Frühling neiget
Das Haupt vor seiner Königin,
Die stolze Blumengöttin zeiget
Auf ihren Liebling hin.
Beneidenswert, wem du in voller Blüte
Den schönen Busen ganz enthüllst,
Ihm ganz mit Wohlgeruch und Güte
Die trunk´ne Seele füllst.
Den edelsten der Menschen zu entzücken,
Soll dieser Busen offen stehn,
Soll ihn des Himmels Tau erquicken.
Und Zephyr ihn umwehn."
Als Beleg, daß auch der Dichter des Nordens den Mädchenbusen blumig auszumalen weiß, kann die Stelle aus Gawrill Romanowitsch Derschawin´s
Gedicht "Der Große" (geb. 1743; gest. 1816)
gelten:
"Auch auf deiner Circe Busen ruh´n
Noch Lilien und Rosen blinkend"
(1) Analysis of the beauty, 1753
Doch scheint uns die Bemerkung, welche Karl Friedrich v. Rumohr im 1. Teil, seiner "Italienischen Forschungen" , (Berlin u. Stettin 1827. Gr. 8 S. 141) in dieser Beziehung macht, beachtungswert zu sein:
"Wir lassen es dahingestelltsein, ob die grade oder die gebogene Linie, die gewölbte oder die kantige Form die schönere sei: was Manche beschäftigt hat, obwohl nach der Analogie der Musik anzunehmen ist, daß keine Linie und Form an sich selbst, vielmehr nur in bestimmten Verbindungen, Reihen und Verhältnissen jene gleichsam musikalische (= ursprüngliche oder architektonische) Schönheit hervorbringt.
Conf. Leibnitii ep. Ed Kortholt,
Vol. I p. 241: Musica est exercitium arithmeticae occultum nescientis se numerarc animi."
Quelle:
"Die Königin der Blumen"
oder die höhere Bedeutung der Rose an sich in Beziehung auf die Gemüthswelt, nach Naturanschauung, Poesie und Geschichte
Wilhelm Ludwig Döring
Mit einem Vorwort von
Sabine Kübler
2001
Olms Presse
Hildesheim o Zürich o New York
Dem Nachdruck liegt ein Exemplar
der Universitätsbibliothek Kassel, Landesbibliothek
Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel zugrunde
Signatur: 35 1945 A 2685
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Döring, Wilhelm Ludwig
Die Königin der Blumen oder die höhere Bedeutung der Rose
an sich in Beziehung auf die Gemüthswelt, nach
Naturanschauung, Poesie und Geschichte / Wilhelm Ludwig
Döring.- Nachdr. der Ausg. Elberfeld, Lucas 1835
/ mit einem Vorw. von Sabine Kübler.
- Hildesheim; Zürich; New York: Olms-Presse, 2001
(Documenta rosaria; Bd. 4)
ISBN 3-487-08392-2
© Georg Olms AG, Hildesheim 2001
Nachdruck der Ausgabe Elberfeld 1835
Printed in Hungary
Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigen Papier
Umschlagentwurf: Prof. Paul König, D-31137 Hildesheim
ISBN 3-487-08392-2
ISSN 1433-223X
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