rosen
 
   
Begegnung mit Rosen


Alma de L´Aigle

"Dieses Buch ist ein völlig neuer Typ unter den Rosenbüchern... Die Beschwingtheit aber ist ständig mit eindringlicher Sachkunde verbunden. ein universaler Geist ist bis in die unscheinbarsten Nachbemerkungen ständig spürbar... Kenner und Nichtkenner kommen aus der Überraschung nicht heraus... Baldige internationale Verbreitung ist für mich eine feste Erwartung."

Karl Foerster in "Die Zeit"



'NEW YORKER'

(Boerner, Jackson & Perkins 1947)

"... Eine ganz besonders prächtige Rose, der man sowohl als Gartenrose wie als Treibrose immer häufiger begegnet.
Die Knospe ist hochgebaut; der Querschnitt ist nicht ein Kreis wie bei der Poinsettia, sondern etwas flachgedrückt, was merkwürdigerweise die Rose irgendwie wertvoller scheinen läßt, so, als wären die einzelnen Blütenblätter so groß, daß sie sich nicht in ein enges Rund einfügen wollen.
Die große üppige Rose weitet sich langsam aus der edlen Knospe heraus. Besonders schön ist sie halberblüht. Wenn die Blütenblätter noch senkrecht stehen, haben sie schon ihren Rand umgerollt, aber nur ganz schmal, jedoch fast bis untenhin; so muß diese Rollung mehrfach gebrochen sein, also Ecken erhalten: von der Spitze des Blattes an, in sehr stumpfem Winkel, entstehen in großer Regelmäßigkeit zunächst zwei Rollen, und von den entstandenen Ecken aus nochmals zwei, die abwärts fast bis zum Fuß der Blütenblätter reichen. Nur die flachgedrückt Form der Blüte ermöglicht diese Rollung bei so großen Blütenblättern.
Die Außenseite der Blütenblätter macht einen derben Eindruck. Es ist ein ganz duffes Weißlich-Karminrot, das zum Grund wärmer wird. Die äußeren Blütenblätter haben eine deutliche Mittellinie, wie eine Bügelfalte. Die Oberfläche ist teilweise von derben Adern durchzogen, manchmal etwas gebeult.

Einen sehr wirkungsvollen Gegensatz zu diesen fast reizlosen Außenseiten der Blütenblätter bildet die leuchtende Innenseite von gleichmäßig samtig blutroter Farbe, mit einem Schmelz darauf wie auf den Flügeln eines Schmetterlings. Dieses scheinende Blutrot als umgerollter Rand zu der helleren stumpfen Außenseite der Blätter gibt eine erstaunliche Wirkung. Schöner noch, wenn man von oben in die Innenseite der Blüte hineinblickt und sieht, wie das scheinende Blutrot nach dem Innern der Blüte zu einen feinen hellsamtigen Schimmer annimmt. Es ist kein schwarzsamtener Schimmer wie bei anderen dunkelroten Rosen, er ist fast goldfarben, wie duffer Goldstaub.
Diese rote Rose, die in der Farbe und der Leuchtkraft der Poinsettia nicht nachsteht, hat einen wohltuenden, klaren frischen Duft. Es ist kein rose rouge-Duft; käme man mit geschlossenen Augen an die Rose heran, so würde man eine hellrote Rose vermuten. Ein La France-Duft ist es freilich nicht, eher denkt man an frischen Johannisbeersaft; doch ist er nicht herb, sondern lieblich.
Die Kelchblätter sind langgezipfelt und vielfach verzweigt, einige neigen dazu, an ihrem Ende ein schlankes gezähntes Blättchen zu bilden. Diese abwärts schwingenden Kelchblätter geben der erblühenden Rose einen ganz besonderen Reiz. Dazu kommen als weitere Schönheit die prachtvollen Laubblätter; dicht unter dem mit feinen Drüsenhaaren besetzten Hals sitzt schon ein kleines, aber wohlgebildetes Blatt, und bald darunter das erste riesig ausladende mattgrüne Blatt, dem in angemessener Entfernung nach unten hin die weiteren folgen. Das obere Blatt bildet einen ausgezeichneten Hintergrund zu der hochgebauten Blüte.
Wohlgebildete große Stacheln setzen sich spiralig um den Stengel herum; sie sind leberrot und gegen das Licht gesehen hell durchscheinend, ein besonderer Schmuck in der schlanken Glasvase, falls nicht der Blumenhändler diese kleine besondere Schönheit vom Stengel entfernt hat.
Alles in allem eine gut duftende Konkurrenz zu der beliebten Treibrose Poinsettia. Sie ist in allen Katalogen vertreten, mittlere Preisgruppe.
Auch als Beetrose im Freien ist die New Yorker eine wohlgeformte und hochgebaute Rose von leuchtender Farbe, die nicht verblaut; nur bei der Spätblüte im August wurde sie, wie viele Rosen, die dann ihre Kraft erschöpft haben, etwas flach und mager. In einem anderen Jahr jedoch, im September, fand ich sie noch voll und wohlgeformt und unberührt vom Regen.
Ihr Duft scheint im Freien unbeständig; mehrmals fand ich sie duftlos; bei feuchter Luft jedoch hatte sie einen erlöschenden Fisher & Holmes-Duft."


Quelle:

Alma de L´Aigle "Begegnung mit Rosen"
2. Auflage 1977 Verlag Frick, Moos, Bodensee