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Begegnung mit Rosen
Alma de L´Aigle
"Dieses Buch ist ein völlig neuer Typ unter den Rosenbüchern... Die Beschwingtheit aber ist ständig mit eindringlicher Sachkunde verbunden. ein universaler Geist ist bis in die unscheinbarsten Nachbemerkungen ständig spürbar... Kenner und Nichtkenner kommen aus der Überraschung nicht heraus... Baldige internationale Verbreitung ist für mich eine feste Erwartung."
Karl Foerster in "Die Zeit"
'Gloria Dei'
(Meilland ,1945)
TH
Gloria Dei - Ruhm Gottes
Kein anderer Name könnte dies Geschenk des Himmels besser zum Ausdruck bringen! In Frankreich heißt sie noch immer nach ihrem ersten Namen Mme. A. Meilland, in England und Amerika Peace = Frieden. Auch ein schöner, bedeutsamer Name, aber beinahe etwas zu sanft für diese kraftstrotzende Rose.
Wenn man Gloria Dei in einem Beet trifft, meint man immer, gerade diese Pflanzen seien besonders gut gedüngt, auch wenn sie keineswegs mehr Nahrung bekommen haben als ihre Nachbarinnen. Aber mit welcher Wucht treibt sie ihre Knospen an stämmigen Stielen in die Höhe, dick und steinhart sind sie und warten lange mit dem Entfalten, weil sie so viel zu tun haben, um das quellende Innere auszubilden.
Wenn die grünen Kelchblätter sich zurückbiegen, ist die Knospe schon dunkelgelb mit purpurroten Flammen. Manchmal ist bei einem äußeren Petal der Rand breit umgeknifft, obgleich es der Knospe noch eng anliegt. Später, wenn sich die äußeren Blätter abheben, zurücklegen und richtig entfalten, glättet sich dieser Kniff, und dann bleibt das feurige Scharlach und ist wie mit einem linealgezogenen Strich von dem übrigen Goldgelb des Blattes getrennt. Da sieht man, wie die Innenseite der Rosenblätter, die ja hier umgelegt war, dem Sonnenlicht zugetan ist und schon während der Knospenzeit so aufnahmefähig ist, daß eine derart kräftige Farbe entstehen kann.
Mit Würde und Anmut entfaltet sich die große Rose Blatt für Blatt. Immer noch bleibt in der Mitte ein fester, zugespitzter Kern, um den die senkrechten Rollen der noch nicht entfalteten Blütenblätter, an der Spitze in einem Punkt vereinigt, förmlich rotieren wie eine kleine Windmühle, wie man sie Kindern aus Papier fertigt.
Eine schöne Gesetzmäßigkeit beherrscht die ganze Blüte, und zwar besonders, wenn man die Rose ungestört im kühlen Zimmer aufblühen läßt, sei sie nun aus dem Garten oder aus dem Treibhaus.
Ich hätte Gloria Dei bei den gelben Rosen besprechen müssen, wenn sie nicht diesen durchsichtigen Pfirsichton auf den Rändern ihrer äußeren Blütenblätter trüge; manchmal ist er lebhaft karminrot, manchmal nur noch ein Hauch, je nach Laune oder Witterung. Ganz selten, auf mageren Beeten, wenn Gloria Dei sich den ganzen Sommer schon ausgegeben hat, sind ihre Blüten nur noch ein Gelb wie eine matte Herbstsonne.
Viele gelbe Rosen bleichen ja in der starken Sonne, aber Gloria Dei braucht die Sonne, um ihre Farbe zu entwickeln.
Bei Gloria Dei muß ich immer an den Sonnenkönig, Ludwig XIV., denken, ja, sie ist eine Rose, die der Sonne und dem Jupiter zugeeignet ist, eine Rose von ausladender Kraft und Schönheit.
Krönt sie ihre Vollkommenheit mit einem herrlichen Duft? Leider nein. Sie hatte wohl in ihrem Stammbaum die duftlose Rosa lutea und die aus ihr gezüchtete Soleil d'or, die Goldsonne.
Und doch spielt noch anderes mit. So seltsam es klingt: ich glaube, daß Gloria Dei sich in den letzten Jahren das Duften angewöhnt hat, denn immer häufiger fand ich Gloria Dei mit Duft, auch als Treibrose; in meinem Garten duftet jede Gloria-Dei-Blüte, nicht nur nach Wildrose, sondern manchmal hat sie auch einen richtigen, wenn auch dünnen Teerosenduft, zuweilen blumig, zuweilen mit Vanille.
Bei Gloria Dei bin ich mir nicht klar darüber, ob 1. Gloria Dei im Laufe der Jahre irgendeine Duftkomponente aus ihrer Erbmasse stärker zu entwickeln im Begriff ist, oder 2. ob der Duft rein von der Witterung, also Kühle und Feuchte, abhängt, oder 3. ob, wie offenbar bei Virgo, einige Pflanzen duftbegabt sind; dann würde es sich wirklich lohnen, eine Duftselektion durchzuführen, damit diese Rose wirklich ein Zeugnis der Vollkommenheit von Gottes Schöpfung werde.
Quelle:
Alma de L´Aigle "Begegnung mit Rosen"
2. Auflage 1977 Verlag Frick, Moos, Bodensee
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