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Hearts in Atlantis

Stephen King

ISBN: 3-453-18566-8

Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Link zu diesem Datensatz:

http://d-nb.info/963871412

Titel: Hearts in Atlantis : der Roman zum Film / Stephen King. Aus dem Amerikan. von Peter Robert
Person(en): King, Stephen
Werk(e): Hearts in Atlantis (dt.)
Ausgabe: Taschenbuchausg.
Verlag: München : Heyne
Zeitliche Einordnung: Erscheinungsdatum: 2002
Umfang/Format: 622 S. ; 18 cm

ISBN/Einband/Preis:

978-3-453-18566-1 kart. : EUR 9.95
3-453-18566-8 kart. : EUR 9.95

Sprache(n): Deutsch (ger), Originalsprache(n): Englisch (eng)
Beziehungen: Heyne / 1 / Heyne allgemeine Reihe ; Nr. 20067
Sachgruppe(n): 810 Englische Literatur Amerikas ; B Belletristik ; 791 Öffentliche Darbietungen, Film, Rundfunk

Frankfurt Signatur: 2001 A 83811
Bereitstellung in Frankfurt

Leipzig Signatur: 2001 A 83811
Bereitstellung in Leipzig



"Hearts in Atlantis"



Stephen King


Aus dem Amerikanischen von Peter Robert








Nichts über ihre Fortschritte beim Stöckewirbeln. Auch nichts darüber, wie sie mit Mathe zurechtkam. Auch nichts über Freunde, aber Bobby nahm an, daß sie ein paar hatte.

Mit zitternden, tauben Händen ergriff er den verschlossenen Umschlag. Sein Herz klopfte heftiger denn je. Auf der Vorderseite stand ein einziges Wort, mit weichem Bleistift geschrieben: sein Name. Es war Teds Schrift. Er erkannte sie sofort. Mit trockenem Mund und ohne zu merken, daß seine Augen sich mit Tränen gefüllt hatten, riß Bobby den Umschlag auf, der nicht größer war als jene, in denen Kinder in der ersten Klasse ihre Valentinsgrüße verschicken.

Als erstes kam der süßeste Duft heraus, den Bobby je gerochen hatte. Er erinnerte ihn daran, wie er seine Mutter umarmt hatte, als er noch klein gewesen war, an den Geruch ihres Parfüms und Deodorants und des Zeugs, das sie sich in die Haare sprühte; erinnerte ihn daran, wie es im Sommer im Commonwealth Park roch; erinnerte ihn an den Geruch der Bücherregale in der Bibliothek von Harwich, würzig und undeutlich und irgendwie explosiv. Die Augen liefen ihm über, und die Tränen rannen ihm die Wangen hinab. Er hatte sich daran gewöhnt, daß er sich alt fühlte; sich wieder jung zu fühlen zu wissen, daß er sich wieder jung fühlen konnte -, war ein schrecklicher, verwirrender Schock.

In dem Umschlag war kein Brief, keine Nachricht, überhaupt nichts Schriftliches. Als Bobby ihn umdrehte, rieselten Rosenblätter vom tiefsten, dunkelsten Rot, das er je gesehen hatte, auf seinen Schreibtisch hinab.

Herzblut, dachte er verzückt, ohne zu wissen, warum. Auf einmal und zum ersten Mal seit Jahren erinnerte er sich daran, wie man seinen Geist abwenden, ihm einen Kurzurlaub gewähren konnte. Und noch während er daran dachte, spürte er, wie seine Gedanken emporstiegen. Die Rosenblätter glommen auf der zerschundenen Fläche seines Schreibtischs wie Rubine, wie geheimes Licht, das sich aus dem geheimen Herzen der Welt ergoß.

Nicht bloß einer Welt, dachte Bobby. Nicht bloß einer. Es gibt noch andere Welten als diese, Millionen Welten, und alle drehen sie sich auf der Spindel des Turms.
Und dann dachte er: Er ist ihnen wieder entwischt. Er ist wieder frei.

Die Rosenblätter ließen keinen Raum für Zweifel. Sie waren alles. Ja, was man nur verlangen konnte; alles Du Darfst, alles Du Kannst, alles. Es Ist Wahr.

Erst in Eile, dann mit Weile, dachte Bobby. Er wußte, daß er diese Worte schon einmal gehört hatte, konnte sich aber nicht entsinnen, wo, und wußte auch nicht, weshalb sie ihm jetzt wieder eingefallen waren. Es war ihm auch egal.

Ted war frei. Nicht in dieser Welt, diesmal war er in eine andere Richtung geflohen . .. aber in irgendeiner Welt.

Bobby schaufelte die Blütenblätter - jedes eine winzige, seidene Münze - in seine gewölbten Hände und hob sie dann wie eine Handvoll Blut an sein Gesicht. Er hätte in ihrem süßen Duft ertrinken können. Ted war in ihnen, Ted, klar wie der helle Tag, mit seinem komischen gebeugten Gang, seinem feinen weißen Babyhaar und den gelben Nikotinflecken, die in die ersten beiden Finger seiner rechten Hand tätowiert waren. Ted mit seinen Henkeltüten.

Wie an jenem Tag, als er Harry Doolin dafür bestraft hatte, daß er Carol etwas zuleide getan hatte, hörte er Teds Stimme. Damals war es weitgehend Einbildung gewesen. Diesmal jedoch hielt Bobby die Stimme für real; sie war in den Rosenblättern eingebettet und für ihn darin hinterlassen worden.

Immer mit der Ruhe, Bobby. Genug ist genug, also immer mit der Ruhe. Reiß dich zusammen!

Er saß lange Zeit an seinem Schreibtisch, die Rosenblätter ans Gesicht gedrückt. Schließlich legte er sie in den kleinen Umschlag zurück, sorgsam darauf bedacht, kein einziges zu verlieren, und verschloß die zerrissene Klappe wieder.

Er ist frei. Er ist... irgendwo. Und er hat es nicht vergessen.

»Er hat mich nicht vergessen« sagte Bobby. »Er hat mich nicht vergessen.«

Er stand auf, ging in die Küche und setzte den Teekessel auf. Dann ging er ins Zimmer seiner Mutter. Sie lag in ihrem Slip auf dem Bett, die Füße hochgelegt, und er konnte die ersten Spuren des Alters in ihrem Gesicht sehen. Sie wandte sich von ihm ab, als er sich neben sie setzte, ein Junge, der jetzt fast so groß war wie ein Mann, aber sie ließ zu, daß er ihre Hand nahm. Er hielt und streichelte Sie und wartete auf das Pfeifen des Kessels. Nach einer Weile drehte sie sich um und sah ihn an. »Oh Bobby«, sagte Sie. »Wir haben alles so fürchterlich vermasselt, du und ich. Was sollen wir nur tun?«

»Unser Bestes«‚ sagte er. Er streichelte weiterhin ihre Hand hob sie an seine Lippen und küßte sie auf die Handfläche‚ dort, wo ihre Lebenslinie und ihre Herzlinie sich kurz berührten, bevor sie sich wieder trennten. »Wir werden unser Bestes tun.«





Quelle:

Hearts in Atlantis

Stephen King

ISBN: 3-453-18566-8

Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Link zu diesem Datensatz: http://d-nb.info/963871412
Titel: Hearts in Atlantis : der Roman zum Film / Stephen King. Aus dem Amerikan. von Peter Robert
Person(en): King, Stephen
Werk(e): Hearts in Atlantis (dt.)
Ausgabe: Taschenbuchausg.
Verlag: München : Heyne
Zeitliche Einordnung: Erscheinungsdatum: 2002
Umfang/Format: 622 S. ; 18 cm

ISBN/Einband/Preis:

978-3-453-18566-1 kart. : EUR 9.95
3-453-18566-8 kart. : EUR 9.95

Sprache(n): Deutsch (ger), Originalsprache(n): Englisch (eng)
Beziehungen: Heyne / 1 / Heyne allgemeine Reihe ; Nr. 20067
Sachgruppe(n): 810 Englische Literatur Amerikas ; B Belletristik ; 791 Öffentliche Darbietungen, Film, Rundfunk

Frankfurt Signatur: 2001 A 83811
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