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Die Rosengasse

Bamberger Geheimnisse


Bast, Eva-Maria; Thissen, Heike
Bamberger Geheimnisse: 50 spannende Geschichten
aus der Weltkulturerbestadt

Mediengruppe Oberfranken
in Kooperation mit Bast Medien Service,
Münsterstr. 35, 88662 Überlingen (verantwortlich)
2. Auflage 2015.
ISBN: 978-3-9816796-7-0

Copyright: Bast Medien Service Lektorat: Lena Bast Covergestaltung: Jarina Binnig
Layout: Homebase - Kommunikation & Design, Jarina Binnig
Grafik: Stefanie Kerstan, Jessica Steller
Druck & Satz: werk zwei Print+Medien Konstanz GmbH



"Die Rosengasse"



Bamberger Geheimnisse











Warten auf den nächsten Freier

Es gibt eine harmlose Erklärung dafür, woher die Rosengasse ihren Namen hat: Hier weideten einst Pferde, das Sträßlein hieß deshalb „Rossgasse" und aus dieser wurde im Laufe der Jahrhunderte die „Rosengasse". Damit wäre die Geschichte des Gässleins in einem Satz erzählt. Doch sie ist nicht wahr. Es existiert noch eine zweite, weit weniger idyllische Erklärung für den Namen der Straße, die Hauptwachstraße und Promenadenstraße verbindet. Sie besagt, dass die Bezeichnung von den „Rosen" herrührt, und zwar nicht von den pflanzlichen, sondern den menschlichen: Wie in vielen anderen Städten mussten auch in Bamberg Prostituierte ein rotes Tuch auf dem Kopf tragen, wenn sie auf der Straße - in Bamberg in der Rosengasse - auf den nächsten Freier warteten. Das brachte ihnen den kuriosen Spitznamen „Rosen" ein. Und das ist die Geschichte zur Rosengasse, die wahr ist.

So waren die Frauen schon von weitem als solche zu erkennen, mit denen „ordentliche" Leute nichts zu tun haben wollten, die sie nicht ansehen und erst recht nicht anfassen wollten. Ob sich die Männer wirklich davon abschrecken ließen, kann man getrost in Frage stellen. Dafür lief das Geschäft mit dem horizontalen Gewerbe an der Regnitz im Mittelalter viel zu gut. Weit über ihre Grenzen hinaus scheint die Stadt dafür bekannt gewesen zu sein. Immerhin schickt ein Briefeschreiber im Jahr 1515 dem Empfänger seiner übermittelten Zeilen so viele Grüße, wie „in England Schafe, Rinderherden im Dakerlande, Huren in Bamberg" leben. „Das will besagen", konkretisiert er, „ich wünsche Euch unzählige Grüße."

Blumen sucht man in der Rosengasse vergeblich. Das war schon immer so. Denn die Straße hat ihren Namen nicht von Pflanzen, sondern von Prostituierten.

In der Rosengasse gingen die Huren unter freiem Himmel auf die Jagd nach Kunden. „Hier waren sie Wind und Wetter ausgesetzt. Ein trockener Standplatz war in der Sackgasse heiß umkämpft", sagt Christine Freise-Wonka über die Straße. Ein solcher sei zum Beispiel der erste Pfeiler bei der Eingangstür der nahen Pfarrkirche St. Martin gewesen. „Die Sitten waren locker, die moralische Einstellung eine andere als heute, und so wurde das Warten auf Freier in der Kirche geduldet." Freilich durfte nicht jede beliebige Frau dort stehen. „Das horizontale Gewerbe hatte bei¬nahe Zunftcharakter. Und in dieser ,Zunft' gab es immer eine führende Prostituierte. Aber das wechselte, und der Posten war sehr begehrt", erklärt die Bamberg-Expertin.
Hatte sich dann ein Mann auf der Suche nach dem schnellen Abenteuer für eine der „Rosen" entschieden, ging es in die Frauenstraße. Denn dort stand - auch hier verrät es die Bezeichnung - ab 1456 mehr als 100 Jahre lang das städtische Frauenhaus, wo die Prostituierten ihre Dienste verrichteten. Danach mussten die Männer wieder gehen. Ein Frauenwirt achtete darauf, dass sie dort weder nächtigten noch dem Karten- oder anderen Glücksspielen frönten. Der Besuch des Etablissements war offiziell nur unverheirateten Männern erlaubt; Verheiratete, Kleriker und auch Juden mussten draußen bleiben.

Für die Prostituierten, die sich von ihrem bisherigen Lebenswandel verabschieden und künftig keusch leben wollten, führte der Weg dann in eine dritte Bamberger Gasse, die zum Thema passt: den Nonnengang. Christine Freise-Wonka weiß, was es mit ihr auf sich hatte: „Dort befand sich das so genannte Marthaschwesternhaus aus dem 14. Jahrhundert, das reiche Bamberger gestiftet hatten." Darin fanden obdachlose, verarmte oder eben auch „gefallene" Frauen Unterschlupf und sollten auf eine Rückkehr in die Gesellschaft vorbereitet werden. „Die Patronin des Hauses, die heilige Martha, war die Schwester des Lazarus. Wenn Jesus ihren Bruder besuchte, kümmerte sie sich um das leibliche Wohl des Gastes. So wurde sie zur Schutzpatronin der Hausfrauen", sagt die Bambergerin.

Egal, wohin die Huren gerade unterwegs waren - ob mit einem Freier von der Rosengasse in die Frauenstraße oder von dort in den sicheren Hafen des Nonnengangs: Sie hatten es nie weit. Denn die drei Straßen befinden sich jeweils nur wenige Minuten zu Fuß voneinander entfernt.

Heike Thissen


So geht's zur Rosengasse:
Die Rosengasse zweigt auf Höhe der Hausnummer 6 von der Hauptwachstraße ab. Der Nonnengang verläuft zwischen den Häusern Maxplatz 2 und 6. Und die Frauenstraße zieht sich parallel zur Fleischstraße zwischen Vorderem Graben und Heumarkt. Das ehemalige Frauenhaus hat heute die Hausnummer 31.


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Foto: Jens Zappe



Eingang zur Rosengasse in Bamberg





Die Rosengasse

Bamberger Geheimnisse


Bast, Eva-Maria; Thissen, Heike
Bamberger Geheimnisse: 50 spannende Geschichten
aus der Weltkulturerbestadt

Mediengruppe Oberfranken
in Kooperation mit Bast Medien Service,
Münsterstr. 35, 88662 Überlingen (verantwortlich)
2. Auflage 2015.
ISBN: 978-3-9816796-7-0

Copyright: Bast Medien Service Lektorat: Lena Bast Covergestaltung: Jarina Binnig
Layout: Homebase - Kommunikation & Design, Jarina Binnig
Grafik: Stefanie Kerstan, Jessica Steller
Druck & Satz: werk zwei Print+Medien Konstanz GmbH