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Moritzburg - Der Leuchtturm am Großteich

(C) Foto Zappe


Leuchtturm - Großteich
und die Dardanellen




Weltgeschichte en miniatur ...







Schloß Moritzburg und Umgebung

Schloß Moritzburg und die Geschichte seiner Entstehung

Alexei Orlow - Tschesme und die Dardanellen



Quelle: "Moritzburg" - Schloß und Umgebung in Geschichte und Gegenwart




Maritime Spielereien am Großteich

Nicht mehr das Hinwenden zum harmonisch - individuellen Naturerlebnis, sondern die Flucht in eine selbst konstruierte Scheinwelt kennzeichnen hingegen jene verspielt-maritimen Anlagen, die um 1780 nahe der Fasanerie am Großteich entstehen. Wohl ebenfalls „unter des gegenwärtigen Ober-Cammerherrn Grafens von Marcolini Excellenz Veranstaltungen und Angaben", kommt es damals in Fortsetzung der Ostachse des Fasanenschlößchens zum Anlegen eines Miniaturhafens, den eine sich im Bogen vorziehende Mole mit einem Leuchtturm einfaßt. Der vom Palais herabführendc Heckenweg erweitert sich davor zu einem halbrunden Platz, dessen Begrenzung vier mächtige, von Delphinen geschmückte Sandsteinvasen auf hohen Postamenten markieren. Sie stehen mit kleinen Steintrommeln, zwischen denen sich Ketten spannen, auf bogenförmigen Rasenzungen; auch zierten offenbar früher den vom Schlößchen herabkommenden Weg zwei mit niedrigen Taxusbäumchen besetzte Wiesenstreifen, die unten in ein schleifenartiges Ornament mündeten. Zudem ragt in Achse des Vorplatzes eine von steinernen Brüstungen gefaßte Bootsanlegestelle in den Hafen.


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Abb. 185 - Unbekannter Künstler:
Die Fasanerie am Großteich mit Fasanenschlößchen Hafen, Leuchtturm und Fregatte.
Aquarellierte Zeichnung, um 1810
Dresden, Institut für Denkmalpflege




Wie diese gesamte Anlage, so dürfte ebenso der sich am Ende der Mole erhebende Leuchtturm ein Werk Johann Daniel Schades sein. Von guten Proportionen, wächst sein dreigeschossiger Baukörper über rundem Grundriß auf: im Untergeschoß bis zum breiten Gurtgesims leicht konisch aufstrebend, folgt danach das zylindrische Obergeschoß, während über dem weit ausladenden Hauptgesims ein ursprünglich kupfernes, jetzt aber in Schiefer gedecktes Dach in die abschließende Laterne schwingt. Von oktogonaler Form, treten aus ihren acht Ecken mit Voluten verzierte Pilaster hervor, zwischen denen jeweils Fenster erscheinen. Das Ganze bekrönt ein wieder geschwungenes Dach samt Knopf und Wetterfahne. Diese Leichtigkeit der Laterne steht im wirkungsvollen Gegensatz zum massiven Unterbau des Turmes, dessen Architektur nur einfache kreisrunde oder mit Rundbögen versehene Maueröffnungen zeigt, deren Fassung angeputzte gequaderte Gewände übernehmen. Auch werden die beiden sich gegenüberliegenden Zugänge von schlichten schmiedeeisernen Gittertüren verschlossen; hingegen sind alle vier Austrittsöffnungen des Obergeschosses mit Balkonen versehen, die rokokoartig ausbauchende und reicher gestaltete eiserne Brüstungsgitter aufweisen, wobei freilich der Umriß des Bauwerkes erneut an chinesische Vorbilder denken läßt. Im Inneren führte eine hölzerne Wendeltreppe bis hinauf zur Laterne, von der sich reizvolle Blicke über die umliegende Landschaft bieten. Wie zeitgenössische Darstellungen zeigen, war dem Turm ursprünglich in Anlehnung an echte Leuchttürme weißgefugtes rotes Ziegelmauerwerk aufgemalt, von dem sich die Gewände und Gesimse weiß absetzten. Durch das Institut für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Dresden, konnte aufgrund von Untersuchungen jene originale Farbfassung nachgewiesen und im Jahre 1976 wiederhergestellt werden.


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Abb. 186 - Carl Gottfried Nestler (1730 - 1780):
Die Fasanerie am Großteich mit Fasanenschlößchen, Leuchtturm und Wirtschaftsgebäuden von Osten.
Links vorn die Insel mit dem Teesalon.
Kupferstich, 1777
Aus B.G.Weinart: Topographische Geschichte der Stadt Dresden, Blatt XXII




Weiterhin hatte man im Großteich zwei künstliche Inseln von unterschiedlicher Größe geschaffen, deren umfangreichere zu einer mit winzigen Kanonen bestückten Miniaturfestung ausgebaut worden war. Das andere, „Bäreninsel" genannte Eiland trug einen kleinen, von Bäumen umstandenen Teesalon, der sich in Form einer Fischerhütte im „otahaitischen" Geschmack mit strohgedecktem Mansarddach über quadratischem Grundriß erhob. Es galt als geliebtes buen retiro der Kurfürstin: Wenn sich das fürstliche Paar hier aufhielt, wurden ihm die Speisen in einer Ledertrommel aus dem Hofküchengebäude geliefert. Den Verkehr zwischen den Inseln und dem Festlande vermittelten mehrere im Hafen stationierte Prachtschaluppen, die auch bei Wasserfesten Verwendung fanden. Ihre sonstige Unterbringung geschah in jeweils zwei zu beiden Seiten des Hafens errichteten Bootshäusern, deren schlichte, landschaftsbezogene Form eines niedrigen quadratischen Baukörpers mit hohem Mansarddach und abschließendem Türmchen uns noch zwei erhaltene Beispiele vorführen. Neben dem ersten Gondolier, dem als Schiffsaufseher auch die Pillnitzer Staatsgondeln unterstanden, gab es damals in Moritzburg zehn Gondelführer. Ihre farbenprächtige Bekleidung bestand aus seidenen „Barkarolen-Mützen und -Schärpen", seidenen Westen und Hosen sowie braunen oder weißen Schuhen mit seidenen Schleifen wobei der Verschleiß an Schuhwerk und Strümpfen sehr hoch war, da die Männer während der „Teichfahrten und Fischereyen" oftmals durch Wasser und Schlamm waten mußten. Wurden die Gondoliers nicht benötigt, verrichteten sie ihre privaten Arbeiten.


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Abb. 187 - Johann Christoph Malcke (1725 - 1777)
Der große Kanal mit den "Dardanellen" am Großteich und der Miniaturfregatte um 1775.
Im Hintergrund das Jagdschloß Moritzburg




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Jacob Philipp Hackert: Untergang der türkischen Flotte in der Schlacht von Tschesme

1771, Öl auf Leinwand, 162 × 220 cm
St. Petersburg, Eremitage
Land: Deutschland
Epoche: Klassizismus
[Bilddatenbank: Hackert, Jacob Philipp. The Yorck Project: 40.000 Meisterwerke. Teil 1: Malerei, S. 8994 (c) 2007 The Yorck Project]




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Text der Leuchtturmtafel



Der Leuchtturm

Der Leuchtturm in Form einer Pagode entstand um 1775/76 als Bestandteil der maritimen Anlagen am Bärnsdorfer Großteich, zu denen neben dem Miniaturhafen und der Mole auch die künstlichen Ruinen der Dardanellen sowie eine Segelfregatte gehörten. Diese Anlagen dienten als Kulisse für höfische Feste und Segelpartien auf dem Teich. 1790 wurde vom Hamburger Schiffszimmermeister Pätzold eine zweite Fregatte erbaut, die bis 1816 existierte. Hintergrund für die Seefahrten war die Schlacht bei Tschesme an den Dardanellen im Jahre 1770 zwischen der Flotte Katharinas der Großen von Russland und der türkischen Kriegsflotte. Der siegreiche russische Flottenkapitän Alexej Orlow siedelte sich n ach Kriegsende 1775 in Dresden an. Seinen Berichten folgend, wird der Oberkammerherr Graf Marcolini, der den Moritzburger Fasanengarten damals gepachtet hatte und als kurfürstlichen Lustgarten gestalten ließ, die Veranlassung für den Bau der Miniaturanlagen in Moritzburg gegeben haben.

Bei einem Brand 1949 verlor der Leuchturm seine hölzerne Wendeltreppe und sein Blechdach, welches durch ein Schieferdach ersetzt wurde. Das illusionistisch gemalte Ziegelmauerwerk nach dem Vorbild "echter" Leuchtürme wurde erstmals 1976 rekonstruiert.

In den Jahren 2006/2007 erfolgte eine größere Instandsetzung des Leuchtturmes, bei der die ursprüngliche Dachlaterne mit Kupferdach rekonstruiert und eine stählerne Innentreppe errichte wurde.

Text Stand 01.01.2018







Aus dem Text der Informationstafel im Leuchtturm

Hintergrund für die Seefahrten war die Schlacht bei Tschesme an den Dardanellen im Jahre 1770 zwischen der Flotte Katharinas der Großen von Russland und der türkischen Kriegsflotte. Der siegreiche russische Flottenkapitän Alexej Orlow siedelte sich n ach Kriegsende 1775 in Dresden an. Seinen Berichten folgend, wird der Oberkammerherr Graf Marcolini, der den Moritzburger Fasanengarten damals gepachtet hatte und als kurfürstlichen Lustgarten gestalten ließ, die Veranlassung für den Bau der Miniaturanlagen in Moritzburg gegeben haben.

Alexei Orlow - Tschesme und die Dardanellen





Doch der spielerische Gestaltungstrieb der Zeit ging noch weiter. Um bei seinen Wasserfesten repräsentative Seeschlachten vorführen zu können, ließ der Kurfürst 1789 nahe dem am Großteich gelegenen Entenfang eine kursächsische Schiffswerft einrichten. Auf ihr erbaute der ehemalige „Pontonier-Corporal" Johann Christoph Pätzold, der in Hamburg die Schiffsbaukunst erlernt hatte und nun zum Hofschiffbauer und -aufseher ernannt worden war, eine stattliche, völlig dem Vorbilde echter Kriegsschiffe gleichende Miniaturfregatte. Am 18. Mai 1790 fand vor einer großen Zuschauermenge ihr feierlicher Stapellauf statt, während die Einweihung des fürstlichen Spielzeuges, das mit seiner gesamten Ausrüstung etwa 30 000 Taler gekostet hatte, anläßlich einer Wasserjagd unter Kanonendonner am 5. Mai 1791 erfolgte. Als Schauplatz der beabsichtigten Seeräuberspiele hatte man am äußersten Westzipfel des Großteiches die „Dardanellen" errichtet, künstliche, entlang des Ufers angelegte Ruinen und Bastionen, die den Zufluß des großen Kanals betonten und sämtlich mit Geschütz bestückt waren. Ähnliches geschah auch am Hafen, „der durch einige vierpfündige Kugeln werfende Kanonen beherrscht wurde".


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Die Dardanellen

© OpenStreetMap-Mitwirkende
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Abb. 188 - Die künstlichen Ruinen der "Dardanellen" am Westrand des Moritzburger Großteiches.
Zustand um 1930




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Die künstlichen Ruinen der "Dardanellen" am Westrand des Moritzburger Großteiches.
Zustand am 01. Januar 2018




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Die künstlichen Ruinen der "Dardanellen" am Westrand des Moritzburger Großteiches.
Zustand am 01. Januar 2018





Jene stolze Fregatte aber, die 50 Schiffer rudern mußten, kreuzte fast zwei Dezennien auf dem Großteich, wobei sie ursprünglich noch andere Moritzburger Gewässer befahren sollte: Mehrere Kanäle wurden hierzu angelegt, doch verhinderten die unterschiedlichen Höhen einzelner Wasserspiegel das völlige Ausführen dieser Idee. Im Kriegsjahr 1813 beschädigt und leck geworden, barg zunächst eines der Bootshäuser das immer baufälliger werdende Schiffswrack, bis man es 1818 endlich zerlegte. Danach kamen die künstlerisch wertvollen Teile in Meißen zur öffentlichen Versteigerung, während der Rest den Flammen übergeben wurde. Somit können wir diese in ihrer Art sicherlich zu den Meisterleistungen der Schiffsbaukunst zählende Fregatte Friedrich Augusts III. allein noch auf zeitgenössischen Abbildungen bewundern.

Schließlich war 1780 auch der Umbau eines alten, aus dem 17. Jahrhundert stammenden und südwestlich vom Fasanenschlößchen gelegenen Hegerhauses vorgenommen worden. Als eines der Torwärterhäuser vermittelte es seitdem den Zugang zu jener fürstlichen Puppenwelt, der die „Dardanellen" vergeblich einen Zug ins Heroische zu geben suchten, während Benjamin Gottfried Weinart in seinem damals erschienenen Dresdener Geschichtswerk bemerkt: „Diese neuen Gebäude innerlich zu betrachten, muß man sich von hieraus mit einer Special-Erlaubnis versehen, welche auch Personen vom Stande niemals abgeschlagen wird." Das Torwärterhaus aber, in dessen Hof noch lange nach 1900 Reste des 1882 abgebrochenen Garnhauses lagerten, erfuhr 1927 seine Umwandlung zur „Kurfürstlichen Waldschänke".

Doch die Anlage mit ihrem Miniaturschlößchen und dem nie in Aktion getretenen Leuchtturm, den Festungsattrappen und dem Spielzeugschiff für große Kinder wurde damals als Wunder bestaunt: Sie entsprach dem Zeitgeschmack, wie das wohlwollende Echo vieler Darstellungen beweist. Neben Kupferstichen verschiedener Künstler gab die zu den Kriegsverlusten zählende große Vogelschau Johann Christoph Malckes ein wirklichkeitsgetreues Abbild des Gesamtkunstwerkes. Johann Friedrich Stieler aber, zu jener Zeit erster Münzschneider an der kurfürstlichen Münze zu Dresden, hat 1782 auf die Vollendung der Fasanerie eine silberne Medaille „blos zu seinem Vergnügen gefertigt und Sr. Exzellenz dem Grafen Marcolini gewidmet". Mit gutem Empfinden gestaltet, zeigt sie auf dem Avers die Südfront des Jagdschlosses, während der Revers eine Ansicht der „Faisanerie de Mauricebourg" wiedergibt, für die offenbar ein eben entstandener, bei Carl Christoph Thiele verlegter Stich Christian Gottlieb Werners als Vorlage diente. Auch findet sich dort im Abschnitt die Dedikation für Graf Marcolini samt seinem ovalen, mit der Grafenkrone geschmückten Wappen auf dem Malteserkreuz, das umrahmt ist von der Kette des toskanischen Stephansordens.


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Abb.: 189 a/b
Johann Friedrich Stieler (1729 - 1790)
Medaille, wohl auf die Fertigstellung der Fasanerie bei Moritzburg geprägt.
Avers (links):
Ansicht des Schlosses Moritzburg von Süden
Revers (rechts) Ansicht der Fasanerie bei Moritzburg
Silber Ø 61,2mm,1782,
Staatl. Kunstsammlungen Dresden,
Münzkabinett




Hier im Stillen, nur zuweilen unterbrochen vom theatralischen Spcctaculum imaginärer Seeschlachten, spielte sich das Familienleben Friedrich August des III: ab, umgeben von einer Natur, deren lockere Baumbestände an englische Parkanlagen erinnern , wie sie soeben Christian Laurenz Hirschfeld und Johannes georg Sulzer in ihren Veröffentlichungen als Idealb ild von Harmonie und Sittlichkeit gepriesen hatten: Doch es war dies letztlich Flucht vor der Wirklichkeit der gesellschaftlichen Entwicklung in eine spielerisch-sentimentale Scheinwelt: merkwürdiges Tun eines deutschen Fürsten zu einer Zeit, in der Frankreich der Revolution von 1789 entgegenging.